#Dresden13Februar

Wenn mit fortschreitender Dunkelheit die Helikopter immer tiefer kreisen und abgehalfterte Dresdner Kleinstkünstler rechtes Gesocks um sich scharen, dann ahnt Bundesdeutschland: In Dresden ist mal wieder der dreizehnte Februar.

Geht es eigentlich noch um das gepriesene Erinnern? Um Gerede nach Frieden? Seit zehn Uhr wird jeder Friedhof besucht – abwechselnd von Regierungsvertretern und braunen Bünden. Je nachdem, wer zuletzt kommt, entsorgt den Kranz des Vorgängers oder widmet ihn um – spart so den eigenen. Wenn irgendwer Zahlen der zu betrauernden Toten erwähnt, dann unterbietet links, überbietet rechts die Zahl vom Vorjahr. Am Abend gehen die einen in die Kirche und lauschen andachtsvoll barocken Klängen, bis die Tränen fließen. Während auf den Straßen die Rechten spazieren und die Linken sich ihnen in den Weg setzen. Bis Blut fließt.

Frieden und Zahlen.

Ersteres haben wir nicht; bei letzterem wird man sich nie sicher sein können. Beides weiß man. Aber das ist egal. Weil zu spekulieren einfach viel mehr Spaß macht und so schön kontrovers sein kann. Und so wie bei Dynamo Dresden bei Auswärtsspielen, bleibt schlechte Presse viel länger haften. Für Dresden ist schlechte Presse gut, denn so wird länger über die Stadt geredet. Wer nicht aus Dresden kommt, versteht das nicht.

Worum es bei all dem nicht geht?

Dass Dresden sich als Opferstadt ganz grundsätzlich gar nicht eignet. Der 13. Februar 1945 war ein Schlusspunkt. Längst überfällig. Nötig. Etwas zu spät vielleicht. Dresden war nicht schuldlos. Lange vor der NSDAP gab es hier rechte Gruppierungen und Parteien. In Dresden fanden die ersten Bücherverbrennungen statt. Das Volk riss sich darum, an vorderster Front an der Bahnstrecke zu stehen, wenn der Führer mit dem Zug durch das eigene Dorf fuhr.

Dresden ist weder ein Symbol für Frieden noch für Widerstand. Dresden ist ein Symbol für Mitläufertum und Geschichtsversessenheit. Im Barock stehengeblieben. Danach kam nichts mehr. Deshalb klammert man sich an diese Ereignisse, bauscht sie auf, schaukelt sich gegenseitig hoch, bis es mal wieder eskaliert. Am nächsten Tag das übliche: In den Nachrichten gibt es ein paar Bilder von Hundertschaften Polizei, die ein paar Linke zusammenknüppeln, während sich Rechte erbost als Opfer aufspielen.

Groundhog Day in Dresden. Zum Glück nicht jeden Tag. Aber eben leider jedes Jahr.

Post scriptum.   Selbstverständlich gab es auch wieder eine Menschenkette. Fast hätte sie sich nicht schließen lassen. Zum Glück kamen dann doch noch ein paar Mitläufer von Uwe Steimle und haben die Reihen geschlossen.


        © Dominik Alexander / 2023

Please share your thoughts!

Fill in your details below or click an icon to log in:

WordPress.com Logo

You are commenting using your WordPress.com account. Log Out /  Change )

Twitter picture

You are commenting using your Twitter account. Log Out /  Change )

Facebook photo

You are commenting using your Facebook account. Log Out /  Change )

Connecting to %s

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.