I
Gefangen in den Tälern der Zeit
Klagt jeder sich selbst sein eigenes Leid
Von der Zukunft träumt hier niemand mehr
Weil alles Denken nur noch schlicht und leer
Unsagbar trostlos und stumpf immer ist
Und jeden der Nachbar des andern anpisst
Unglückselig hängen sie in den Seilen
Versuchen gar nicht erst einander zu heilen
Wie untote Leiber ohne Seele hinfort
Ruft sie der Herrgott dann zum Schafott
Denn wozu noch lange unnütz siechen
Wenn alle doch nur noch atemlos kriechen
Zum Allerheiligsten des Hauses dem Pott
Alles andere jedoch überlassen dem Gott
An den ohnehin niemand mehr glaubt
Weil jeder sich selbst sein bisschen Verstand lieber raubt
Wenn er sich Querdenker nennt
Und gegen Leuchtreklamen rennt
Beim blinden Nachschreien der Lügen
Und meint sich dabei selbst nicht zu verbiegen
Die Heuchelei in ihrer Schnelle
Tritt dabei nur zu gerne auf der Stelle
Und leugnet den Gedanken
Dass sie sich nur noch bewegt in eng gemauerten Schranken —
II
Gefangen in den Tälern der Zeit
Ist das Radikale stets bereit
Es wartet auf den einen Führer
Auf den selbst-losen* Aufrührer
Der das Goldene vom Himmel verspricht
Dabei seinen Schafen versperrt die Sicht
Auf die vollständige wahre Welt
Weil dem Schaf ein festgemeißeltes Weltbild gefällt
So weiß es wer Freund ist wer Feind
Wer es gut oder schlecht mit ihm meint —
III
Gefangen in den Tälern der Zeit
Besteht nur zwischen den Schafen Einigkeit
Während ihr Führer
Der einigende Aufrührer
Das Tal verlässt
Sobald der Verstand der letzte Rest
Jedem hirnlosen Nachläufer genommen
Dann hat der Führer wieder erklommen
Den hellen Berg aus dem dunklen Tal
Die Realität erscheint wieder fahl
So wie sie immer gewesen ist
Wenn jeden der Nachbar des andern anpisst.
— —
*-verliebten
© Dominik Alexander / 2020
